Auf Anweisung der russischen Regierung werden derzeit dreizehn ukrainische Kinder an zwei Programmstandorten von SOS-Kinderdorf Russland betreut. Die Kinder wurden von den örtlichen Behörden in Pflegefamilien untergebracht. Die Pflegeeltern wurden von den russischen Behörden rekrutiert und sind dort angestellt. Die SOS-Kinderdörfer in Russland nahmen die Pflegefamilien auf und leisteten psychosoziale Unterstützung für die Kinder und ihre Pflegefamilien.
Bislang konnte SOS-Kinderdorf Russland die genaue Herkunft der Kinder gegenüber den SOS-Kinderdörfern aufgrund der aktuellen politischen Situation nicht bestätigen. Die SOS-Kinderdörfer sind höchst besorgt um diese Umstände und verfolgen die Entwicklungen mit höchster Aufmerksamkeit. Die Organisation prüft die Situation aktuell genau, um ausschließen zu können, dass hier ein Zusammenhang mit Zwangsumsiedlungen von ukrainischen Kindern in die Russische Föderation besteht und bemüht sich, eine Lösung zu erarbeiten.
Um volle Transparenz über die Situation zu schaffen, veröffentlichten die SOS-Kinderdörfer weltweit unverzüglich nachdem sie im November 2022 von der Situation erfahren haben, Informationen über den Fall auf ihrer Website. "Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um die Situation aufzuklären und das Wohl der Kinder garantieren zu können. Bis wir einen transparenten Überblick über die Lage haben, haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, Zahlungen, die nicht direkt Patenkinder betreffen, vorübergehend einzufrieren. Auch weitere Maßnahmen evaluieren wir fortlaufend", so Lanna Idriss, Vorständin der SOS-Kinderdörfer weltweit.
Im Zuge der Unterbringung der Kinder soll es zu einem Besuch durch Maria Lvova-Belova, Beauftragte des russischen Präsidenten für Kinderschutz, sowie die Teilnahme der Pflegefamilien bei einer Parteiveranstaltung gekommen sein. Die SOS-Kinderdörfer weltweit sind entschieden gegen den Einsatz von Kindern für jegliche Form von politischer Arbeit und Propaganda und prüfen auch diesen Vorfall genau.
Die Arbeit der SOS-Kinderdörfer in verschiedenen, oftmals unsicheren Umfeldern bringt komplexe Herausforderungen mit sich. In vielen Ländern herrscht ein sensibles politisches Klima, das den Umfang der Tätigkeit und den Handlungsspielraum der Organisation bestimmt. Die Mitarbeiter:innen vor Ort sind oft mit schwierigen Bedingungen konfrontiert und müssen sich an staatliche Anordnungen halten, um den Schutz der von den SOS-Kinderdörfern betreuten Kinder zu gewährleisten. Gerade Organisationen, die sich mit der alternativen Betreuung von Kindern unter Kriegsbedingungen befassen, haben unter Umständen keine wirkliche Möglichkeit, offizielle Anordnungen der lokalen Behörden abzulehnen. Eine Verweigerung amtlicher Befugnisse kann negative Folgen haben und die regulären Aktivitäten, insbesondere die Betreuung vieler anderer Kinder, die unter der Obhut dieser Einrichtungen leben, gefährden. Dennoch arbeiten die SOS-Kinderdörfer auch in kritischen Umfeldern, um Kinder, Jugendliche und Familien zu unterstützen.
Die SOS-Kinderdörfer arbeiten weltweit, um Kindern das Aufwachsen mit den Bindungen zu ermöglichen, die sie brauchen, um sich bestmöglich zu entwickeln. Gerade in krisengeprägten Regionen werden Kinder, vor allem solche ohne angemessene elterliche Fürsorge, in eine akut gefährdende Situation gebracht. Es ist dementsprechend wichtig, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um diesen Kindern ein förderliches Umfeld zu ermöglichen. Deshalb betreuen die SOS-Kinderdörfer Kinder auf allen Seiten von Konflikten, so auch in Russland und der Ukraine. Die Organisation ist in der Ukraine seit über 19 Jahren aktiv und hat seit Beginn des Krieges mehr als 74.000 Kinder unterstützt, beispielsweise mit Unterkünften, humanitärer Hilfe, finanziellen Mitteln oder psychosozialen Angeboten. In Russland ist die Organisation seit über 30 Jahren tätig und betreut derzeit mehr als 600 Kinder. Die Arbeit der SOS-Kinderdörfer orientiert sich stets an der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den UN-Leitlinien für die alternative Betreuung von Kindern.