Im Zuge der laufenden Ermittlungen rund um die Betreuung 13 ukrainischer Kinder an zwei SOS-Kinderdorf Standorten in Russland gibt es neue Ergebnisse. Das vermeldet die föderal organisierte Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer weltweit, deren Dachverband SOS-Kinderdorf International ist und deren SOS-Kinderdorf-Organisationen in den einzelnen Ländern sehr autonom entscheiden und handeln können. Der Untersuchung vorausgegangen waren Verschleppungsvorwürfe und der Verdacht auf die Instrumentalisierung ukrainischer Kinder zu Propagandazwecken.
Im Verlauf der Untersuchung wurde eine Sondersitzung des Senates, des höchsten Gremiums der SOS-Kinderdörfer, einberufen. Dieser hat am 02. März 2023 entschieden, SOS-Kinderdorf Russland mit sofortiger Wirkung zu suspendieren und sämtliche finanzielle Mittel an SOS-Kinderdorf Russland ab sofort einzufrieren.
Laut der Hilfsorganisation ergab die intern angestoßene Untersuchung, dass SOS-Kinderdorf Russland mit unzureichender Transparenz über Vorfälle informiert, und Details zu den Vorfällen auf Nachfrage missverständlich gegenüber dem Rest der Föderation kommuniziert hatte. Deswegen müssen die SOS-Kinderdörfer weltweit davon ausgehen, dass operative Entscheidungen getroffen wurden, ohne die Föderation darüber in Kenntnis zu setzen, was eine politische Instrumentalisierung der Arbeit der SOS-Kinderdörfer ermöglicht hat.
Werte und Richtlinien der SOS-Kinderdörfer massiv verletzt
Den neuen Erkenntnissen der SOS-Kinderdörfer nach wurde von SOS-Kinderdorf Russland ein Antrag auf Fördergelder an die russische Regierung gestellt und genehmigt. Die Gelder sollen für die Unterstützung ukrainischer Kinder aus von Russland besetzten Gebieten eingesetzt werden. Zudem wurde festgestellt, dass der Vorstandsvorsitzende des russischen Ländervereins öffentlich und auch gegenüber Kindern pro-russische Propaganda verbreitet hat, unter anderem in einer Zeitschrift für Kinder und Jugendliche, welche er herausgibt. Diese Umstände verletzen die Richtlinien und Werte der SOS-Kinderdörfer massiv und sind nicht tragbar.
"Die Handlungen von SOS-Kinderdorf Russland bilden enorme Verstöße gegen unsere Werte und Richtlinien. Als Kinderhilfsorganisation haben wir uns verpflichtet, politische Neutralität zu wahren und so Kinder auf allen Seiten von Konflikten zu unterstützen. Wenn Mitgliedsorganisationen gegen diese zentrale
Leitlinie verstoßen, können wir nicht ohne Konsequenzen dabei zusehen", betont Lanna Idriss, Vorständin der SOS-Kinderdörfer weltweit.
Die SOS-Kinderdörfer in Russland sind finanziell weitgehend unabhängig, und internationale Spenden machen nur 6 Prozent ihrer Gesamteinnahmen aus. Die SOS-Kinderdörfer weltweit gehen davon aus, dass der Länderverein in der Lage sein wird, seine Programme fortzusetzen und die 600 Kinder zu unterstützen, die bereits vor Beginn des Krieges in seiner direkten Obhut waren.
Die SOS-Kinderdörfer treten weltweit für die Rechte eines jeden Kindes ein und setzen sich für Veränderungen ein, damit alle Kinder in einem für sie förderlichen Umfeld aufwachsen können. Insbesondere in krisengeprägten Regionen werden Kinder, vor allem solche ohne angemessene elterliche Fürsorge, in eine akut gefährdende Situation gebracht. Es ist dementsprechend wichtig, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um diesen Kindern ein förderliches Umfeld zu ermöglichen. Deshalb betreuen die SOS-Kinderdörfer nach dem Grundsatz der politischen Neutralität Kinder auf allen Seiten von Konflikten, so auch in Russland und der Ukraine. Die Organisation ist in der Ukraine seit über 19 Jahren aktiv und hat seit Beginn des Krieges mehr als 74.000 Kinder unterstützt, beispielsweise mit Unterkünften, humanitärer Hilfe, finanziellen Mitteln oder psychosozialen Angeboten. In Russland ist die Organisation seit über 30 Jahren tätig und betreut derzeit mehr als 600 Kinder. Die Arbeit der SOS-Kinderdörfer orientiert sich stets an der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den UN-Leitlinien für die alternative Betreuung von Kindern.