"Meine Töchter werden frei sein!"

In Paraiso zu leben ist gefährlich: In dem kleinen Ort in der Dominikanischen Republik ist Gewalt an der Tagesordnung.

"Ich bin so glücklich, dass ich drei Töchter habe", sagt die junge Jocaylin. "Ich habe jeden Tag Angst, dass meine Mädchen hier im Bezirk belästigt werden."

Raquel Santos, Programmleiterin der SOS-Kinderdörfer, will, dass Mädchen eine gute Ausbildung bekommen. Foto: Martin Hanebeck

"Trauriger Alltag in Paraiso", sagt auch die Programmleiterin der SOS-Kinderdörfer Raquel Santos: "Die Leute sprechen immer von Kinderprostitution, aber das ist der falsche Begriff. Es ist komerzielle, sexuelle Ausbeutung von Kindern."

Kinderheirat und Teenager-Schwangerschaften 

Aber nicht nur das ist ein Problem in der Dominikanischen Republik. Gewalt gegen Kinder ist weit verbreitet und so fliehen gerade Mädchen aus ihrem Zuhause, indem sie viel zu früh heiraten und selbst Kinder bekommen.

So auch Jocaylin: "Ich habe viel Gewalt erfahren, von meiner Großmutter. Das schlimmste war, dass sie mir gesagt hat, dass meine Mutter mich nie wollte und mich schon im Krankenhaus verkaufen wollte. Mir ging es so schlecht in der Familie, dass ich mit 15 geheiratet und mit 16 meine erste Tochter bekommen habe."

Mädchen-Bildung stößt auf Widerstand

Jocaylin ist heute noch mit ihrem Mann zusammen. Er arbeitet in einer Bäckerei. Aber sein Gehalt reicht nicht für die Familie, vor allem nicht für das Schulgeld. Deshalb wurden sie ins Familienstärkungsprogramm der SOS-Kinderdörfer aufgenommen. "Damit Mädchen und jiunge Frauen finanziell unabhängig sind, ist Bildung enorm wichtig. Sonst bleibt ihnen nur zu heiraten, um versorgt zu sein. Aber das stößt in der Gemeinde auf Widerstand."

"Wir sorgen dafür, dass Mädchen eine gute Ausbildung bekommen."

Raquel Santos, Programmleiterin der SOS-Kinderdörfer
Der Schulweg von Jocaylins Töchtern ist nicht sicher. Foto: Alea Horst

"Vor kurzem hat ein Mann meiner 12-jährigen Tochter Geld angeboten, wenn sie mit ihm mitgeht" erzählt Jocaylin. "Aber meine Mädchen sind aufgeklärt, sie wissen, dass das nichts Gutes bedeutet. Sie sind klug, sie werden frei sein."

Die Mädchen wissen auch schon, was sie später einmal machen möchten: "Ich möchte Stewardess werden", sagt die Älteste schüchtern. "Und ich Ärztin!" ruft die Kleinere dazwischen. 

Denn die junge Mutter weiß, dass sie für ihre Kinder eine andere Zukunft möchte. "Ich hatte nie eine Mutter", sagt sie. "Ich weiß, wie schlimm es sich anfühlt, niemanden zu haben. Meine Töchter sollen dieses Gefühl nie haben müssen."