Mit dem Rücken zur Wand

Alice* erhält im Sozialzentrum der SOS-Kinderdörfer "Happy Baby" Schutz und Förderung

Alice* lebte mit ihrem Mann und den drei Kindern in einem Zimmer der Wohnung ihrer Schwiegereltern, in der außerdem noch zwei weitere Familien aus der Verwandtschaft wohnen. Aufgrund der Corona-Pandemie verlor Alices Ehemann seine Arbeit, fand aber
bald einen Homeoffice-Job. „Mein Mann forderte von mir, die Kinder untertags von ihm fern zu halten, um in Ruhe arbeiten zu können“, erzählt Alice. Mit drei kleinen Kindern, von denen eines ein Baby und ein anderes aufgrund einer neurologischen Störung hyperaktiv ist, war es für die junge Mutter eine schier unmögliche Aufgabe. In der Nacht konnte Alice aufgrund des Babys kaum schlafen, versuchte aber trotzdem, untertags mit den Kindern bei jedem Wetter draußen zu sein.
 
Von ihren Schwiegereltern bekam Alice keine Hilfe - im Gegenteil, sie sprachen ihr mütterliche Fähigkeiten ab und zweifelten sogar an der Vaterschaft der Kinder. Als Alice eines Morgens mit dem schlafenden Baby im Arm in die Küche kam, um das Frühstück vorzubereiten, schrie ihre Schwiegermutter sie wie so oft an und sagte, dass sie ihre Kinder nicht richtig erziehe und dass ihr Sohn sowieso nicht der echte Vater der Kinder sei.
 
Dann streckte sie ihr einen kaputten Teller entgegen, den Alices Sohn am Vortag zerbrochen hatte. Das Geschrei der Schwiegermutter brachte das schlafende Baby schließlich zum Weinen.
 

"Das war für mich der entscheidende Moment – ich wollte und konnte nicht mehr bei Menschen leben, die mich und meine Kinder nicht akzeptieren.“

ALICE
Alice stand zu diesem Zeitpunkt bereits in Kontakt mit „Happy Baby“ - sie erhielt online und telefonisch psychologische Unterstützung, um mit den schwierigen Lebensbedingungen fertig zu werden. „Als ich meine Koffer packte und meinem Mann sagte, dass ich es hier nicht mehr aushalte, sagte er nichts und verließ einfach den Raum“, berichtet die junge Frau. Alice und ihre Kinder zogen sofort in die Notunterkunft von „Happy Baby“.
 
Symbolbild: Durch individuelle Beratung und Betreuung schaffen es die Mütter, aus ihren Krisensituationen wieder herauszukommen. Foto: Katerina Ilievska
Die Mitarbeitenden der SOS-Kinderdörfer klärten Alice zunächst über ihre Rechte auf, zum Beispiel, dass sie ein Anrecht auf eine Sozialwohnung hat. Außerdem nahm sie online an mehreren Gruppensitzungen zu den Themen Finanzen, Arbeitssuche und Erziehungskompetenzen teil und besuchte Webinare zu medizinischen Fragen und Familienkonflikten. Die SOS-Kinderdörfer organisierten zudem ein Beratungsgespräch mit einem Neurologen, mit dem Alice über das herausfordernde Verhalten ihres dreijährigen Sohnes sprechen konnte. Infolgedessen bekam er psychologische Unterstützung und frühkindliche Förderung. Auch Alices älteste Tochter nahm an den verschiedenen Aktivitäten teil, die es der Fünfjährigen ermöglichten, ihre soziale Kompetenz zu verbessern und neue positive Erfahrungen in einer Gruppe von Gleichaltrigen zu sammeln.
 
Zurzeit bereitet sich die Familie darauf vor, in eine neue Wohnung zu ziehen. Der psychische Zustand der Mutter hat sich deutlich verbessert. „Ich bin viel ruhiger geworden und rege mich nicht mehr bei jeder Kleinigkeit auf."
 

"Durch die Kurse im ‚Happy Baby‘ habe ich mein Wissen in so vielen Dingen erweitert.“

ALICE
 „Außerdem ist das Verhalten meines Sohnes durch die entwicklungsfördernde Hilfe viel besser geworden. Ich befolge auch daheim die Empfehlungen der Pädagogen und Psychologen. Im Kindergarten gibt es deutlich weniger Beschwerden über sein Verhalten als vorher. Das macht mich glücklich.“
 

Schutz und Förderung im „Happy Baby"

Das Sozialzentrum der SOS-Kinderdörfer „Happy Baby“ bei Minsk bietet seit 2013 jährlich 250 in Not geratenen Frauen und ihren Kindern Schutz und Beratung. Die Räumlichkeiten sind aufgeteilt in die Notunterkunft für Mütter mit Babys und 
Kleinkindern in akuten Krisen und das Sozialzentrum mit den Beratungsräumen und einer kleinen Kindertagesstätte. Im Jahr 2022 erhielten 257 Eltern mit 450 Kindern dort umfassende Unterstützung.


*alle Namen geändert
 
Text: Irene Senoner

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