
"Ich will nur wieder glücklich sein"
Warum lässt jemand alles zurück? Als ich Projekte der SOS-Kinderdörfer in Mexiko besuchte, traf ich Familien, die aus ihren Heimatländern geflohen waren – und fand zutiefst bittere und beklemmende Antworten auf diese Frage.
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Tapachula/Mexiko, im äußersten Südosten des Bundesstaates Chiapas. Die 200.000 Einwohner-Stadt, 18 km entfernt von der Grenze zu Guatemala, ist Durchgangsstation für Flüchtlinge aus Mittelamerika. Die meisten wollen weiter in die USA reisen, wo sie auf ein Leben ohne Gewalt und Armut hoffen.
Tapachula - Die Flüchtlinge aus Mittelamerika warten auf Papiere, um legal ihre Flucht durch Mexiko in die USA fortzuführen. Aber es dauert oft Monate, um an die Papiere zu kommen, die von der mexikanischen Flüchtlingshilfekommission (COMAR) ausgestellt werden. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von der UN Flüchtlingsagentur ACNUR.
Der „parque central“ in Tapachula ist bevölkert von zahlreichen Migranten aus Mittelamerika. Seit den verschärften Asylverfahren und verstärkten Grenzkontrollen in Mexikos Süden zur Abwehr weiterer Flüchtender werden sie von der mexikanischen Polizei immer wieder vertrieben, ihre sonst gelittenen Nachtlager wurden aufgelöst. Tagsüber harren hier die Kinder im Schatten aus, ihre Eltern versuchen mit Hilfsarbeiten Geld zu verdienen. In ihrem Alltag gibt es keine Normalität mehr, kein sicheres Dach über den Kopf, keine Schule und Struktur in ihrem Tagesablauf.
Frauen aus Mittelamerika, gestrandet nach einer gefährlichen und manchmal wochenlangen Flucht in Guatemala, an der Grenze zu Mexiko. Sie sind geflüchtet mit ihren Familien, Müttern und Geschwistern vor Gewalt, Entführung, Missbrauch und Armut in ihren Heimatländern.
SOS-Kinderdorf Comitán/Chiapas: Einer von Tausenden Honduraner, der sich mit den „caravanas“ im Oktober 2018 zu Fuß auf den Weg Richtung Norden in die USA gemacht hat. In Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen begleiten SOS-Mitarbeiter minderjährige Flüchtlinge nach der Aufnahme im SOS-Kinderdorf Comitán/Chiapas bei der Berufsausbildung.
Tijuana, im äußersten Nordwesten an der Grenze zu den USA. Hier sind die Flüchtlinge vermeintlich nahe am Ziel, nach 4000 km Flucht durch Mexiko. Hier reichen die Befestigungen des Grenzzauns bis tief in den Pazifik hinein.
Im Stadtgebiet von Tijuana, der Grenzzaun, der Mexiko und die USA trennt. Die Grenze zu den USA in Tijuana ist für viele immer noch ein Symbol der Hoffnung. Wer es bis hier geschafft hat, der hofft auch darauf, einen Asylantrag in den USA stellen zu können.
Am Grenzzaun von Tijuana sorgen neben strengen Kontroll-Fahrten der Border Patrol auf amerikanischer Seite auch Kameras, Flutlicht, Bewegungsmelder und Bodensensoren dafür, dass kaum einem die Flucht gelingt.
Getrennt durch den Grenzzaun, können sich samstags und sonntags Familien im „Friendship Park“ in Tijuana treffen, die aufgrund fehlender Papiere sonst keine Chance haben.
„Friendship Park“ in Tijuana. Eine Berührung ist nur über Fingerspitzen möglich – „besos de dedos“ (Fingerküsse) nennen die Besucher, die sich hier treffen, diesen einzig möglichen innigen Kontakt.
Eine Frau mit ihren zwei Kindern und der Mutter in einem Flüchtlingsheim in Tijuana. Sie sieht nach jahrelanger Flucht vor mörderischen Banden in ihrem Heimatland ihre Chancen für einen Neubeginn nur in den USA und wartet auf ihre Anhörung für den Asylantrag.
Privatsphäre gibt es nicht in den beengten Flüchtlingsunterkünften. Das wenige, was die Familie mitnehmen konnte, passt in einen kleinen Koffer und zwei Rucksäcke. Mehr Gepäck war nicht möglich auf der Tausende Kilometer langen Flucht an die mexikanisch-amerikanische Grenze.
In Tijuana unterstützen die SOS-Kinderdörfer in beengten Unterkünften geflüchtete Kinder und Familien. Die SOS-Mitarbeiter betreuen sie psychologisch und helfen ihnen das Erlebte zu verarbeiten. Aber es wird auch gespielt und gemalt, um der rauen Wirklichkeit etwas entgegenzusetzen und die Kinder so gut wie möglich zu stärken.
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