Ein Mädchen verkauft Lutscher und Schokolade in den Straßen. Ein Teenager, umhüllt von giftigen Staub, buddelt im Erdreich nach Silber. Ein kleiner Junge poliert Grabsteine und ein Geschwisterpaar hütet eine Herde Lamas. Kinderarbeit ist so normal in Bolivien, dass die schuftenden Kinder vielen schon gar nicht mehr auffallen.
Laut einer Studie der International Labor Organization (ILO) arbeiten in dem 10.6 Millionen Einwohner zählenden Land, rund 800.000 Kinder. Boliviens Vorstoß im Juli dieses Jahres, Kinderarbeit für Kinder ab zehn Jahren zu legalisieren, brachte den armen Andenstaat in den Fokus der öffentlichen Diskussionen. „Ich arbeite seit ich sechs Jahre alt bin“, sagt die 18-jährige Jenny Miranda, die der Kindergewerkschaft Boliviens vorsteht. Obwohl sie von der Polizei mit Tränengas beschossen wurden, protestierten im März tausende Mitglieder der UNATsBO, Boliviens Kinder- und Erwachsenengewerkschaft, vor dem Kongress, um gegen die Anhebung des Minimumalters auf 14 Jahre zu protestieren. „Hätten wir Bildung, ein Gesundheitssystem, stabile Familienverhältnisse und ein Zuhause, würden wir sofort aufhören zu arbeiten“, sagt Jenny. „Aber das ist nur eine schöne Utopie!“ 45% der Bolivianer leben unter der Armutsgrenze. Viele Kinder sind deshalb gezwungen zu arbeiten, um die Familien zu unterstützen. „Die Regierung sollte arbeitende Kinder schützen, sie nicht kriminalisieren!“, argumentiert die Gewerkschaftsfrau.
SOS-Kinderdörfer in Bolivien
Die SOS-Kinderdörfer, die sich in Bolivien um rund 1500 Waisen und verlassene Kinder kümmern, sprechen sich klar gegen Kinderarbeit aus. Doch auch hier ist man der Ansicht, dass die Kindergewerkschaft eine positive Rolle im Kampf um Kinderrechte spielt. „Die ökonomische Situation zwingt viele Kinder zur Arbeit“, erklärt Blanca Mendoza von SOS. Obwohl sich die Organisation gegen Kinderarbeit ausspricht, unterstützen sie den Kampf der Kinder für ihre Rechte und im Bemühen, die Öffentlichkeit für die Probleme der Kleinen zu sensibilisieren. „Sie sind diejenigen, die arbeiten und sie müssen sich Gehör verschaffen“, sagt sie. Anders als viele ihrer Altersgenossen in Bolivien, haben die Kinder in den SOS-Kinderdörfern genug zu Essen, ein sicheres Dach über dem Kopf und gehen zur Schule. Auch das von der UN verbriefte Kinderrecht auf Spielen und Freizeit ist diesen Kindern sicher. Ein wahrer Luxus in dem armen südamerikanischen Land.Doch SOS macht noch mehr. 6500 Familien unterstützt die Kinderhilfsorganisation durch Berufsausbildungsprogramme, Kindertagesstätten damit Eltern arbeiten können oder finanzielle Unterstützung durch die Zahlung von Schulgeld.
Einsatz für Kinderrechte
Das unermüdliche Eintreten für Kinderrechte durch Organisationen wie UNATsBO oder SOS-Kinderdörfer
in den letzten Jahren, hat in Bolivien zu einer spürbaren Verbesserung der Wahrung der Rechte der Kinder geführt. So ist das Mindesteinkommen in den letzten Jahren von 64$ in 2005 auf 208% in 2014 extrem gestiegen und der Staat unterstützt Schwangere und Mütter finanziell, wenn sie ihre Sprösslinge impfen lassen, ausreichend ernähren und zur Schule schicken. Die Maßnahmen zeigen erste Erfolge: Die allgegenwärtige Armut geht zurück - auch wenn ca. 1 Mio. Menschen noch immer von weniger als 1,25 Dollar am Tag leben müssen. Als Tagelöhner können sie sich nicht auf ein zuverlässiges Einkommen verlassen. Sind die Familien groß oder fällt ein Verdiener aus, muss jeder in der Familie ran - auch die Kinder - um durchzukommen. „Mit dem Geld, das wir verdienen, helfen wir unseren Eltern und unterstützen unsere Geschwister, damit auch sie zur Schule gehen können“, berichtet Jenny. „Mit dem neuen Kinderarbeits-Gesetz sind wir wenigstens besser gegen Ausbeutung geschützt.“
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