Hier wird kein Mädchen beschnitten!

Die Lehrerin Mariama setzt sich gegen weibliche Genitalverstümmelung ein – denn sie wurde selbst als Mädchen beschnitten.

Mariama lebt mit ihren Eltern, Geschwistern und ihren beiden Kindern in Foni, einer kleinen Gemeinde in Gambia. Als sie vier Jahre alt war, wurde sie beschnitten. Seit sie Teilnehmerin eines Hilfsprogramms der SOS-Kinderdörfer ist, setzt sie sich gegen die Beschneidung von Mädchen ein. Hier erzählt sie, wie es dazu kam.

Was hast du gemacht, bevor du ins Hilfsprogramm der SOS-Kinderdörfer aufgenommen wurdest?

Ich habe nichts gemacht. Ich saß nur herum. Ich habe einen sehr guten High-School-Abschluss, aber für das College hat das Geld nicht gereicht. Meine Eltern sind beide nicht zur Schule gegangen. Wir hielten uns mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser.

Und heute?

Heute bin ich Lehrerin, ich unterrichte die zweite Klasse hier in der örtlichen Grundschule. Die SOS-Kinderdörfer haben mir nicht nur die Ausbildung bezahlt. Die Mirarbeiter:innen haben mich bestärkt, an mich geglaubt. Sonst hätte ich mir das nicht zugetraut. Jetzt sorge ich für die gesamte Familie und es geht uns gut. Außerdem setze ich mich als Aktivistin ein gegen weibliche Genitalverstümmelung.

Wie kam es dazu?

Ich selbst wurde von meiner Großmutter beschnitten. Da war ich vier Jahre alt. Man sagte uns Mädchen: "Das haben wir alle so gemacht, das ist Teil unserer Kultur." Es ist einfach ein Ritual für sie, nichts weiter. Es ist nicht leicht, das zu vergessen. Ich habe sehr geweint. Ich weiß, dass ich lange gebraucht habe, um mich davon zu erholen. Zwei oder drei Monate durfte ich nicht nach Hause. Meine Schwestern waren da, sogar meine Mutter, um mir zu helfen. Ich konnte kein Bad nehmen, mich nicht richtig waschen, ich schlief auf dem Boden in der Hütte meiner Großmutter.

"Ich habe sehr lange gebraucht, um mich von der Beschneidung zu erholen." 

Mariama, Aktivistin gegen FGM 

Wird das heute noch praktiziert?

Nein, nicht in unserer Gemeinde. Mir war schon immer klar, dass das verrückt ist. Als die SOS-Kinderdörfer vor etwa vier Jahren mit der Aufklärung hier begannen, haben wir zum ersten Mal davor gehört, dass Beschneidung gefährlich ist, gesundheitsschädlich. Davor haben wir nicht darüber gesprochen, es war einfach unsere Kultur, niemand hat das in Frage gestellt. Niemand hat über die Beschwerden gesprochen. Niemand wusste, was es für Folgen hat, wir dachten, das muss so sein. Ich selbst hatte zwar während und nach der Prozedur starke Schmerzen, hatte aber später keine Beschwerden. Ich weiß jetzt, dass sehr viele Frauen ihr Leben lang Schwierigkeiten haben, bei der Geburt, beim Wasserlassen. Es ist einfach verrückt. 

Gibt es noch Beschneiderinnen hier?

Nein, meine Großmutter würde das heute nicht mehr machen, nie wieder. Beschneiderin war früher ein angesehener Beruf, eine Art Amt, aber sie hat es aufgegeben. Sie bereut, was sie getan hat, sie wusste es nicht besser und hat sich bei mir und meiner Mutter entschuldigt. Heute sind wir klüger. Sie hat auch mit vielen Frauen gesprochen, die bei ihr Rat suchten, sie sagte: Lasst es nicht machen. Sobald die Frauen wissen, wie gefährlich eine Beschneidung ist, wollen sie es sowieso nicht mehr. Es wäre verrückt. Nicht nur, dass es extrem schmerzhaft ist, durch die Beschneidung werden auch Krankheiten übertragen, AIDS/HIV zum Beispiel. Davor haben alle Angst. Hier würde niemand mehr sein Mädchen beschneiden lassen.

 

 

 

 

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