
Junge Frauen überwinden digitale Kluft
Cynthia, 19, hatte während ihrer Schulzeit nie Zugang zu einem Computer. Heute lernt sie am Nairobi Community iHub Data Science und JavaScript und kämpft dafür, dass mehr Mädchen diese Chancen bekommen.
"Unsere Mentorinnen und Mentoren sagen uns, wir sollen uns nicht entmutigen lassen. Du sollst die Kurse machen, die du machen möchtest", berichtet Cynthia. "Zeig den Zweiflern, dass sie falsch liegen."
In Kenia stoßen Mädchen und junge Frauen weiterhin auf große Hürden beim Zugang zur digitalen Welt – etwa durch begrenzten Internetzugang, fehlende Geräte und kulturelle Normen, die technische Studiengänge für Mädchen und Frauen unattraktiv machen. Nationale Strategien versuchen zwar, die Geschlechterlücke in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zu schließen, doch viele Mädchen bleiben in einer digitalisierten Wirtschaft zurück.

Digitales Lernen für bessere Jobchancen
Das Nairobi Community iHub des SOS-Kinderdorfs Nairobi ist eine von Jugendlichen geführte Initiative. Junge Menschen können in dem Zentrum digitale und soziale Kompetenzen erwerben, und sich mit Mentorinnen und Gleichgesinnten vernetzen. Ziel ist es vor allem auch, die Jobchancen der Jugendlichen zu verbessern. Seit Mai 2023 besuchen jeden Monat Hunderte das iHub. Es bietet nicht nur Zugang zur digitalen Welt, sondern auch Ermutigung – mit offenen Diskussionen und einer Atmosphäre, in der sich Mädchen willkommen und ermächtigt fühlen.
Cynthia war eine von 22 jungen Frauen, die im März im Nairobi Community iHub über ihre Erfahrungen mit IKT diskutierten. Die Studentinnen sind dankbar für digitale Kurse, die ihre Computerkenntnisse erweitern. Viele hätten sich gewünscht, schon früher mit Programmieren begonnen zu haben, und plädieren für IKT-Unterricht für jüngere Kinder. Sie betonen die Wichtigkeit von Online-Sicherheitstrainings und wünschen sich deren Ausweitung auf Schulen.
Mentoring ist entscheidend, um Mädchen für IKT zu begeistern. Coach Edith, Mentorin und angehende Masterstudentin, kennt die Herausforderungen: "IKT ist immer noch männerdominiert. Eltern schlagen Mädchen oft andere Berufe vor, während sie Jungen zur Technik ermutigen. Das muss sich ändern."
Die jungen Frauen schildern weitere Probleme: Keine hat Internet zu Hause, die meisten fahren 45 Minuten bis eine Stunde zum iHub, und nur vier hatten in der Schule je einen Computer benutzt. Stromausfälle erschweren das Lernen zusätzlich; Solaranlagen wurden als Lösung vorgeschlagen.
Kenia entwickelt sich digital schnell, doch die Konnektivität ist ungleich verteilt. 2023 lag die Internetnutzung bei rund 43–45 %, doch viele ländliche und benachteiligte Gebiete kämpfen mit Infrastrukturproblemen. Öffentliche Schulen verfügen oft nicht über ausreichende IKT-Ausstattung, und in informellen Siedlungen erschweren überfüllte Klassen den Zugang zu digitaler Bildung zusätzlich.
Digitale Kluft: Mädchen und Frauen sind besonders benachteiligt
Die digitale Kluft (Digital Divide) beschreibt die Ungleichheit beim Zugang zu digitalen Technologien wie Internet und Computern - etwa zwischen Ländern des globalen Nordens und Südens, Stadt und Land, den Geschlechtern oder verschiedenen sozialen Gruppen. Wer keinen Zugang hat, hat oft schlechtere Bildungs- und Berufschancen. Rund 2,6 Milliarden Menschen – etwa ein Drittel der Weltbevölkerung – waren 2024 offline.
Die digitale Geschlechterkluft (Digital Gender Gap) meint, dass Mädchen und Frauen weltweit seltener Zugang zu digitalen Geräten, Internet und IT-Ausbildung haben als Jungen und Männer. Das verstärkt die bestehenden Ungleichheiten und schränkt Zukunftschancen ein.
Diese digitale Kluft betrifft Mädchen besonders stark. Kulturelle Normen und fehlende Geräte hindern viele daran, MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu erkunden. Trotz politischer Initiativen machen Frauen nur etwa ein Drittel der IKT-Studierenden aus. Weniger Frauen bewerben sich, nehmen teil und schließen IKT-Programme ab als Männer. Die Abschlussnoten sind niedriger, was zu einer geringeren Vertretung in einem wachsenden Sektor führt.

Bis 2030 werden in Subsahara-Afrika über 230 Millionen neue Jobs IKT-Kenntnisse erfordern, in Kenia werden 50–55 % der Arbeitsplätze digitale Fähigkeiten voraussetzen. Ohne gezielte Förderung für Mädchen und Frauen drohen viele, hochwertige Karrierechancen zu verpassen – und das Land verliert wertvolles Talent.
"Du kannst es schaffen"
Mädchen stehen an der Spitze der Zukunft. In Räumen wie dem Nairobi Community iHub vernetzen, lernen und arbeiten sie zusammen, um eine dynamischere Technologielandschaft zu gestalten – in Kenia und darüber hinaus.
"Wir sollten mehr Mädchen in Schulen erreichen und ihnen Mentorinnen und Zugang zu digitalen Hubs geben, um ihnen den Weg zu zeigen", sagt Cynthia. "Als Frau kannst du in dieses Feld einsteigen – du kannst es schaffen.“

Mädchenrechte
Schlaue Mädchen, starke Frauen! Im Kampf gegen die Benachteiligung von Mädchen und Frauen setzen die SOS-Kinderdörfer auf Bildungsarbeit.

SOS-Kinderdörfer in Kenia
Kenia ist eines der ersten afrikanischen Länder, in denen die SOS-Kinderdörfer aktiv wurden. Seit dem Jahr 1971 setzten wir uns dort für Kinder in Not ein.