In Sri Lanka haben junge Menschen ein Netzwerk der gegenseitigen Unterstützung gegründet: Gemeinsam helfen sie sich durch die schwersten Krisen.
Als sich Dhanushka um die Aufnahme an einer weiterführenden Schule bewarb, wurde er trotz guter Noten mehrfach abgelehnt. Der Grund: Statt einer Geburtsurkunde konnte der junge Mann lediglich eine „Bescheinigung über das mutmaßliche Alter“ vorlegen. Dieses Dokument wird Kindern in Sri Lanka ausgehändigt, deren Eltern unbekannt sind. In der Bevölkerung kennt es kaum jemand und es führt immer wieder zu Stigmatisierung. Auch für Dhanushka ging die Ausgrenzung weiter. Als er schließlich an einer Schule akzeptiert wurde, wurde er aufgrund seiner fehlenden Papiere von kulturellen Veranstaltungen und Sportwettbewerben ausgeschlossen. Auch als er einen Reisepass oder Visa beantragen wollte, kam es zu kritischen Nachfragen und Verzögerungen.
"Generation Never Give Up": Vier junge Menschen gründen ein starkes Netzwerk
"Es ist eines unserer großen Ziele, dass junge Menschen, deren Eltern nicht bekannt sind, anerkannte und ‚würdevolle‘ Papiere bekommen", sagt Nirosha Pinnaduwa, Sekretärin des "Generation Never Give Up"-Netzwerks (GNGN). 2017 mit Unterstützung der SOS-Kinderdörfer von vier jungen Menschen gegründet, versteht sich GNGN als Netzwerk von und für junge Menschen, die in Fremdunterbringung, also außerhalb der eigenen Familie, aufgewachsen sind. Seit damals ist die Organisation deutlich gewachsen auf mittlerweile 450 Mitglieder.
Nirosha Pinnaduwa ist selbst im SOS-Kinderdorf Piliyandala groß geworden. Sie ist verheiratet, hat eine kleine Tochter und erinnert sich noch gut an den Zeitpunkt, als sie auszog, und wie wichtig es für sie war, ihre SOS-Kinderdorf-Familie weiter hinter sich zu wissen.
Lobbyarbeit für die Jugend
Viele der jungen Menschen kennen so was nicht und sind dankbar - und auch überrascht, dass das Netzwerk tatsächlich funktioniert. Nirosha Pinnaduwa sagt: "Viele unserer Mitglieder sind in Heimen aufgewachsen und mussten spätestens mit 18 auf eigenen Füßen stehen. Sie haben niemanden, der ihnen den Rücken stärkt oder sie dabei unterstützt, eine Wohnung oder einen Job zu finden. In Krisensituationen sind sie auf sich allein gestellt." Diese Lücke will GNGN füllen und hat dies in den sechs Jahren seines Bestehens immer wieder getan. Außerdem macht das Netzwerk Lobbyarbeit, spricht mit Politikern und Unternehmern, setzt sich für die Änderung von Gesetzen ein. Die SOS-Kinderdörfer helfen, indem sie die Stelle von Nirosha Pinnaduwa finanzierten und die jungen Leute im Fundraising schulen und beraten.
Gemeinsam durch Corona-Pandemie und Wirtschaftskrise
Eine besondere Bewährungsprobe waren die Corona-Pandemie mit ihren weltweiten Auswirkungen sowie die schwere Wirtschaftskrise, in die Sri Lanka 2022 rutschte. Während die SOS-Kinderdörfer auch in dieser Krise die Ehemaligen unterstützten, standen viele junge Menschen, die in staatlichen Institutionen groß geworden waren, von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts. "Etliche haben ihren Job verloren oder ihre Wohnung, konnten sich kein Essen mehr leisten, manche sind auf der Straße gelandet. Einige waren so verzweifelt, dass sie sich das Leben genommen haben", sagt Nirosha Pinnaduwa.
Füreinander da sein
GNGN versorgte notleidende Mitglieder mit Lebensmittelrationen, psychologischer Unterstützung und - mindestens genauso wichtig - die jungen Menschen waren Familie füreinander, Ort der Zugehörigkeit.
Nirosha Pinnaduwa sagt: "Viele unserer Leute sind zäh und schon durch einiges durchgegangen. Oft braucht es nur ein bisschen Unterstützung und das Wissen, nicht allein zu sein, und sie kommen wieder gut auf den Weg."