Entscheidung über die Suspendierung von SOS-Kinderdorf Russland
26.05.2023 - Im Kontext der Unterbringung von 13 ukrainischen Kindern in Programmen der SOS-Kinderdörfer in Russland und den neuen Informationen, die wir in der vergangenen Woche erhalten haben, haben wir umgehend umfassende Untersuchungen eingeleitet und mit höchster Dringlichkeit weitere Maßnahmen evaluiert. Im Zuge dessen hat sich der Senat, das höchste Gremium der SOS-Kinderdörfer, sich am 02. März 2023 dazu entschieden, SOS-Kinderdorf Russland zu suspendieren. Nach sorgfältigen Überlegungen und Beratungen hat der Internationale Senat die Mitgliedschaft von SOS-Kinderdorf Russland in der Föderation mit Wirkung zum 18. Mai 2023 suspendiert. Außerdem wurden sämtliche finanzielle Mittel an SOS-Kinderdorf Russland ab sofort eingefroren.
Unsere Untersuchung ergab, dass SOS-Kinderdorf Russland mit unzureichender Transparenz über die Vorfälle informiert, und Details zu den Vorfällen auf Nachfrage missverständlich gegenüber dem Rest der Föderation kommuniziert hatte. Wir müssen davon ausgehen, dass operative Entscheidungen getroffen wurden, ohne die Föderation darüber in Kenntnis zu setzen, wodurch eine politische Instrumentalisierung der Arbeit der SOS-Kinderdörfer ermöglicht wurde. Unserer Erkenntnis nach wurde von SOS-Kinderdorf Russland ein Antrag auf Fördergelder an die russische Regierung gestellt und genehmigt. Die Gelder sollen für die Unterstützung ukrainischer Kinder aus von Russland besetzten Gebieten eingesetzt werden. Zudem haben wir feststellen müssen, dass der Vorstandsvorsitzende des russischen Ländervereins öffentlich und auch gegenüber Kindern pro-russische Propaganda verbreitet.
Das ist ein untragbarer Zustand, der die Werte unserer Organisation massiv verletzt hat. Die Nutzung der Programme der SOS-Kinderdörfer für politische Zwecke gefährdet die Integrität unserer Arbeit und unsere Fähigkeit, die humanitären Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu wahren.
Eine Aufhebung der Suspendierung kann nur dann erfolgen, wenn der russische Länderverein weitreichende Maßnahmen ergreift – unter anderem den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden, die Registrierung der Kinder beim Internationalen Roten Kreuz sowie die aktive Bemühung um eine Rückführung der Kinder.
Die SOS-Kinderdörfer treten weltweit für die Rechte eines jeden Kindes ein und setzen sich für Veränderungen ein, damit alle Kinder in einem für sie förderlichen Umfeld aufwachsen können. Unsere Arbeit orientiert sich an der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den UN-Richtlinien für die alternative Betreuung von Kindern. Ein Verstoß gegenüber diesen Leitlinien ist unter keinen Umständen zu verzeihen und trägt entsprechende Konsequenzen mit sich. Deshalb distanzieren wir uns mit sofortiger Wirkung von SOS-Kinderdorf Russland und haben umgehend die Suspension des Vereins eingeleitet.
Update März 2023
03.03.2023 - Wie angekündigt, haben wir bezüglich dieses Vorfalles umgehend umfassende Untersuchungen eingeleitet und mit höchster Dringlichkeit weitere Maßnahmen evaluiert. Im Zuge dessen hat sich der Senat, das höchste Gremium der SOS-Kinderdörfer, am 02. März 2023 dazu entschieden, die Mitgliedschaft von SOS-Kinderdorf Russland zu suspendieren. Außerdem wurden sämtliche finanziellen Mittel an SOS-Kinderdorf Russland ab sofort eingefroren.
Unsere Untersuchung ergab, dass SOS-Kinderdorf Russland mit unzureichender Transparenz über die Vorfälle informierte und Details zu den Vorfällen auf Nachfrage missverständlich gegenüber dem Rest der Föderation kommunizierte. Wir müssen davon ausgehen, dass operative Entscheidungen getroffen wurden, ohne uns darüber in Kenntnis zu setzen, wodurch eine politische Instrumentalisierung der Arbeit der SOS-Kinderdörfer ermöglicht wurde. Unserer Erkenntnis nach wurde von SOS-Kinderdorf Russland ein Antrag auf Fördergelder an die russische Regierung gestellt und genehmigt. Die Gelder sollen für die Unterstützung ukrainischer Kinder aus von Russland besetzten Gebieten eingesetzt werden. Zudem haben wir feststellen müssen, dass der Vorstandsvorsitzende des russischen Ländervereins öffentlich und auch gegenüber Kindern pro-russische Propaganda verbreitet. Das ist ein untragbarer Zustand und konstatiert einen massiven Verstoß gegenüber den Werten und Leitlinien unserer Organisation. Deshalb distanzieren wir uns mit sofortiger Wirkung von SOS-Kinderdorf Russland und leiten umgehend die Suspension des Vereins ein.
Update Februar 2023
20.02.2023 - Die sehr ernst zu nehmenden Vorgänge bei SOS-Kinderdorf Russland, über die wir im November 2022 in Kenntnis gesetzt wurden, werden von uns derzeit weiterhin intensiv geprüft und evaluiert. Die genaue Herkunft der 13 ukrainischen Kinder konnte bislang nicht geklärt werden. Die Kinder wurden von den örtlichen Behörden in Pflegefamilien untergebracht. Die Pflegeeltern wurden von den russischen Behörden rekrutiert und sind dort angestellt. Die SOS-Kinderdörfer in Russland nahmen die Pflegefamilien auf und leisteten psychosoziale Unterstützung für die Kinder und ihre Pflegefamilien.
Im Zuge der Unterbringung der Kinder soll es zu einem Besuch durch Maria Lvova-Belova, Beauftragte des russischen Präsidenten für Kinderschutz, sowie der Teilnahme der Pflegefamilien an einer Parteiveranstaltung gekommen sein. Die SOS-Kinderdörfer weltweit sind entschieden gegen den Einsatz von Kindern für jegliche Form von politischer Arbeit und Propaganda und prüfen auch diesen Vorfall genau.
Wir wissen, dass die Arbeit unserer Organisation in verschiedenen, oftmals unsicheren Umfeldern komplexe Herausforderungen mit sich bringt. In diesem Kontext werden der Umfang der Tätigkeit und unsere Handlungsspielräume erheblich von einem sensiblen politischen Klima bestimmt. Die Mitarbeiter:innen vor Ort sind oft mit schwierigen Bedingungen konfrontiert und müssen sich an staatliche Anordnungen halten, um den Schutz der betreuten Kinder zu gewährleisten. Eine Verweigerung amtlicher Befugnisse kann negative Folgen haben und die regulären Aktivitäten zum Schutze des Kindeswohls gefährden.
Unser oberstes Ziel ist der Kinderschutz. Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen auf allen Seiten eines Konfliktes. Die Organisation ist in der Ukraine seit über 19 Jahren aktiv und hat seit Beginn des Krieges mehr als 74.000 Kinder unterstützt, beispielsweise mit Unterkünften, humanitärer Hilfe, finanziellen Mitteln oder psychosozialen Angeboten. In Russland ist die Organisation seit über 30 Jahren tätig und betreut derzeit mehr als 600 Kinder. Wir sind zutiefst betroffen in Angesicht der Möglichkeit, dass es sich hierbei um einen Verstoß gegen UN-Konventionen handelt, nach denen sich unsere Arbeit orientiert, und setzen alles daran, die Situation schnellstmöglich aufzuklären.
November 2022
14.11.2022 - Kürzlich wurden wir über sehr ernst zu nehmende Vorgänge bei SOS-Kinderdorf Russland in Kenntnis gesetzt: Wir wissen, dass derzeit 13 Kinder aus der Oblast Donezk an zwei Programmstandorten in Russland betreut werden. Dies wurde von der russischen Regierung veranlasst und auch von dieser finanziert. SOS-Kinderdorf Russland bietet den Kindern und ihren Pflegefamilien eine Unterkunft und psychosoziale Unterstützung.
In krisengeprägten Regionen werden Kinder, vor allem solche ohne angemessene elterliche Fürsorge, in eine akut gefährdete Situation gebracht. Es ist dementsprechend wichtig, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um diesen Kindern ein förderliches Umfeld zu ermöglichen. Deshalb haben wir in Konflikten auf der ganzen Welt Kinder auf allen Seiten betreut, auch in Russland und der Ukraine. Das ist ein wichtiges, aber komplexes Unterfangen. In allen Fällen liegt unser Schwerpunkt darauf, dass die Kinder jene individuelle, fürsorgliche Betreuung erhalten, auf die sie ein Recht haben. Das Wohl des Kindes steht immer an erster Stelle.
Bisher konnte SOS-Kinderdorf Russland die Herkunft der Kinder nicht bestätigen, was uns zu großer Beunruhigung veranlasst. SOS-Kinderdorf International prüft den Vorfall aktuell genau, um ausschließen zu können, dass hier ein Zusammenhang zu Zwangsumsiedlungen von ukrainischen Kindern in die Russische Föderation besteht. Wir tun alles in unserer Macht stehende, um absolute Transparenz über die Vorgänge zu erhalten und die Sicherheit der Kinder garantieren zu können.
Zum derzeitigen Zeitpunkt liegen uns leider noch keine genaueren Informationen bezüglich der Herkunft der Kinder vor. Aufgrund der aktuellen politischen Situation ist eine Anfrage bezüglich der Herkunft der Kinder derzeit nicht möglich. Das Generalsekretariat von SOS-Kinderdorf International verfolgt die Situation genau und wird zeitnah über weitere Maßnahmen entscheiden. Wir haben uns dazu entschieden, Zahlungen, die nicht direkt Patenkinder betreffen, vorübergehend einzufrieren, bis wir volle Transparenz über die Situation haben. Über weitere Entwicklungen und Maßnahmen werden wir proaktiv informieren.
Die SOS-Kinderdörfer arbeiten weltweit, um Kindern das Aufwachsen mit den Bindungen zu ermöglichen, die sie brauchen, um sich bestmöglich zu entwickeln. Wenn ein Kind nicht bei seiner Herkunftsfamilie bleiben kann, versuchen wir immer sicherzustellen, dass die angebotene Unterstützung im besten Interesse des Kindes ist. Unsere Arbeit orientiert sich an der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den UN-Leitlinien für die alternative Betreuung von Kindern. Deshalb sind wir zutiefst betroffen in Angesicht der Möglichkeit, dass es sich hierbei um einen Verstoß gegen die oben genannten Konventionen handelt, und setzen alles daran, die Situation schnellstmöglich aufzuklären.