Die instabile politische Lage trifft die Bevölkerung schwer
Die Republik Côte d'Ivoire liegt in Westafrika und grenzt an Liberia, Guinea, Mali, Burkina Faso und Ghana. Im Jahr 1960 erklärte das Land nach vielen Jahren der Kolonialherrschaft seine Unabhängigkeit von Frankreich. Dennoch ist Französisch weiterhin die offizielle Landessprache, und der französische Einfluss ist weithin zu spüren. Während der 1960er und 1970er Jahre war Côte d'Ivoire eines der reichsten Länder Afrikas. Das Land wurde viele Jahre lang als das afrikanische Modell für politische Stabilität und Frieden gepriesen. Ausländische Investitionen und der Export von Kakao machten Côte d'Ivoire zu einem der reichsten Länder in der Region.
Die Einwanderungsraten aus den benachbarten Ländern stiegen weiter an, als bekannt wurde, dass die Bauern für ihre Ernte hohe Preise erzielten. Der wirtschaftliche Aufschwung wurde in den 1980er Jahren durch die bis dahin schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte des Landes gebremst.
Im Jahr 2002 wurde während eines Staatsbesuchs des damaligen Präsidenten Laurent Gbagbo in Italien ein bewaffneter Aufstand angezetteltt. Die Rebellen griffen mehrere Städte des Landes an. Dieses Ereignis war der Beginn einer Zeit der Instabilität und führte zu einer sozialen und humanitären Krise von bislang ungekanntem Ausmaß. Mehr als 200 000 Menschen wurden aus den Slums der Hauptstadt Abidjan vertrieben. Ihre Behausungen wurden von Bulldozern niedergewalzt.
Im November 2010 wurde Alassane Ouattara zum Gewinner der Präsidentschaftswahlen erklärt und schlug somit den bis dahin amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo, der sich weigerte, seine Niederlage anzuerkennen. Trotz zahlreicher Warnungen und Aufrufe von Seiten der Völkergemeinschaft kam es nach den Wahlen zum einem Ausbruch von Gewalt, der zur Vertreibung von Hunderttausenden von Menschen führte. Gbagbo wurde schließlich von den Truppen von Quattara gefangen genommen.
Hunderttausende Vertriebene als Folge des Konflikts nach den Wahlen
Heute leben mehr als 50 Prozent der Bewohner des Landes in Armut. In den letzten Jahrzehnten ist das Land zu einem der ärmsten der Welt geworden. Selbst am afrikanischen Standard gemessen liegt eine Reihe von Indikatoren der menschlichen Entwicklung unter dem Durchschnitt.
Die Lebenserwartung liegt bei niedrigen 58 Jahren, und 14 Prozent der Bevölkerung des Landes sind chronisch unterernährt. Nahezu die Hälfte der Einwohner kann weder lesen noch schreiben. In den ländlichen Regionen im Norden und im zentralen Westen des Landes ist das Sozialwesen nur unzureichend ausgestattet.
Zehntausende haben keinen Zugang zu menschenwürdigen Behausungen, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Die Nahrungsmittelknappheit ist weit verbreitet. Die Zahl der Armen ist - zum Teil durch die Preisschwankungen für Kaffee und Kakao auf dem Weltmarkt bedingt - weiter gestiegen. Darüber hinaus wurde das sozioökonomische Fundament von Côte d'Ivoire durch den Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2002 weiter geschwächt.
HIV/AIDS stellt eine der großen Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit dar; ca. 3,4 Prozent der Ivorer sind HIV-positiv. Abgesehen vom menschlichen Leid schwächt AIDS die Erwerbsbevölkerung in erheblichem Ausmaß, da die meisten Erkrankten auf dem Höhepunkt ihres Erwerbslebens sterben.
Die heftigen Kämpfe zwischen Anhängern des früheren Präsidenten Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara führten im Jahr 2011 zur Vertreibung von knapp einer Million Menschen. Seit der Vereidigung von Ouattara im April 2011 ist die Zahl der Binnenflüchtlinge (IDPs) beständig gefallen. Dennoch gibt es schätzungsweise immer noch hunderttausande Flüchtlinge. .
Kinder brauchen dringend Schutz
Demographisch gesehen ist Côte d'Ivoire ein recht junges Land - ca. 42 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 18 Jahre. Im Durchschnitt bekommt eine Frau in Côte d'Ivoire 3,9 Kinder; davon sind knapp 20 Prozent bereits bei der Geburt untergewichtig.
Aufgrund der weit verbreiteten Armut, der ansteckenden Krankheiten und der schlechten medizinischen Versorgung gibt es in Côte d'Ivoire auch eine sehr hohe Kindersterblichkeit, die bei 64,7 pro 1000 Lebendgeburten liegt. Wie auch in vielen anderen afrikanischen Staaten leiden ivorischer Kinder und Jugendliche unter extrem harten sozioökonomischen Bedingungen.
Die überwiegende Mehrheit der 1,1 Millionen Waisenkinder wächst ohne den Schutz und die Fürsorge einer Familie auf. Viele von ihnen kämpfen auf den Straßen der Städte ums nackte Überleben und betteln um Nahrung oder Geld. Sie sind in hohem Ausmaß von kommerzieller sexueller Ausbeutung bedroht und den schlimmsten Formen der Kinderarbeit sowie der Rekrutierung durch bewaffnete Banden ausgesetzt. Ohne Bildung und den Schutz der Eltern wird das Leben dieser Kinder schnell zum Alptraum. Berichten zufolge müssen Kinder vor allem auf den Kakaoplantagen häufig Zwangsarbeit verrichten.
Als der Gewaltausbruch nach den Präsidentschaftswahlen seinen Höhepunkt erreichte, konnten Hunderttausende von Kindern nicht mehr zur Schule gehen. Einige Schulen wurden von den Streitkräften besetzt und daher geschlossen. Obwohl eine Reihe von Nichtregierungs-Organisationen versucht hatte, den Kinder so schnell wie möglich wieder den Schulbesuch zu ermöglichen, konnten viele Schulen nicht so schnell wie erhofft wieder geöffnet werden. Heute sind zwar wieder mehr Schulen geöffnet, jedoch ist die Qualität des Unterrichts oft mangelhaft.
SOS-Kinderdorf in Côte d'Ivoire
Im Jahr 1962 gründete ein französischer Priester vor der Stadt Abidjan "The Village of Friendship" (das Dorf der Freundschaft). In den 70er Jahren vereinbarte er mit Hermann Gmeiner, sich der SOS-Kinderdorf-Organisation anzuschließen.
Im Jahr 1971 wurde "The Village of Friendship" zum ersten SOS-Kinderdorf auf afrikanischem Boden. Da die Zahl der Waisen und der vernachlässigten Kinder in Côte d'Ivoire beständig zunahm, wurde in den 80er Jahren ein zweites SOS-Kinderdorf in der Region Aboisso eröffnet. Aufgrund der HIV/AIDS-Pandemie rief SOS-Kinderdorf im Jahr 2004 ein SOS-Familienstärkungsprogramm ins Leben, um vom Verlust der elterlichen Fürsorge bedrohte Kinder besser schützen zu können.2014 eröffnete das dritte SOS-Kinderdorf des Landes in Yamoussoukro.
Derzeit unterstützt SOS-Kinderdorf ivorische Kinder an landesweit drei verschiedenen Standorten durch Kindertagesstätten, Schulen und medizinische Zentren. Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder nicht länger bei ihren Familien bleiben können, finden liebevolle Aufnahme in einer familiennahen Umgebung, der SOS-Kinderdorf-Familie.