Ein Junge schreibt konzentriert im Unterricht mit

Bildung ist ein Menschenrecht

Bildungsarmut: Ursachen, aktuelle Zahlen und Fakten

Die Fortschritte in der weltweiten Bildung sind schleppend, die Pandemie verschärfte Ungleichheiten. Mehr Investitionen in Bildung sind nötig, damit Kinder aus dem Kreislauf der Armut ausbrechen und ein Leben in Selbstbestimmung führen können.

Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung 

Bildung ist ein Menschenrecht. So steht es in Artikel 26 der Allgemeinem Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von den Vereinten Nationen verkündet wurde. Genauer ausgeführt ist dieses Recht auch in Artikel 28 und 29 der UN-Kinderrechtskonvention. Chancengleichheit steht im Artikel 28 ganz oben, die Grundschule soll demnach verpflichtend und unentgeltlich sein. Das Bildungsziel sei es, „die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen." 

Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft: Schüler:innen aus Ghana sind motiviert zu lernen. Foto: Alea Horst

Wo Kindern der Zugang zur Bildung verwehrt wird 

250 Millionen können derzeit nicht in die Schule gehen – sechs Millionen mehr als 2021. Grund dafür ist unter anderem, dass in Afghanistan seit 2021 Mädchen der Besuch von weiterführenden Schulen verboten ist. Seitdem sind 1,4 Millionen Mädchen von der Schule ausgeschlossen, insgesamt besuchen in Afghanistan 80 Prozent aller Mädchen im schulpflichtigen Alter keine Schule. Derzeit machen weltweit 88 Prozent der Kinder einen Grundschulabschluss, 78 Prozent schließen die Sekundarstufe 1 ab. Unter dem globalen Durchschnitt liegen vor allem Zentral- und Südasien sowie Subsahara-Afrika. Mehr als einer von fünf jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren besucht weltweit keine Schule, befindet sich in keiner Ausbildung oder hat keinen Job. 

Brennpunkt: Subsahara-Afrika  

Für Kinder in Subsahara-Afrika ist der Zugang zu Bildung am schwierigsten. Dort leben 30 Prozent aller Kinder, die nicht zur Schule gehen. In diesen Ländern ist auch die Analphabeten-Quote am höchsten: Dort lebt fast die Hälfte aller Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15 bis 24 Jahre), die weltweit nicht lesen und schreiben können. Die absolute Zahl der Analphabet:innen stieg in Subsahara-Afrika wegen des Bevölkerungswachstums von 2015 bis 2022 um 21 Millionen.  

Ursache Armut 

Armut, Hunger und Bildung hängen eng zusammen, die geografische und soziale Herkunft bestimmt die Bildungschancen. In den Ländern, in denen die Armut am größten ist, ist die Bildung am schlechtesten: Weil Schulen dort schlecht ausgestattet sind, weil es an gut ausgebildeten Lehrer:innen fehlt, weil Kinder armer Eltern sich Schulgeld oder Schulmaterialien nicht leisten können. Aber auch, weil in diesen Ländern die Kinderarbeit am höchsten ist. Kinder müssen häufig zum Familieneinkommen beitragen und können nicht oder nur kurze Zeit in die Schule gehen. Die Zahl der Kinderarbeiter:innen ist in Subsahara-Afrika zwischen 2016 und 2020 wieder angestiegen – 24 Prozent der Kinder zwischen 5 und 17 Jahren müssen dort arbeiten, mehr als ein Drittel davon geht nicht zur Schule.  

Kinder auf der Flucht haben oft keinen Zugang zu Bildung. Foto: Alea Horst

Ursache Krieg und Flucht  

Auch Krieg, politische Konflikte und Flucht spielen eine große Rolle. Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Von den 120 Millionen gewaltsam Vertriebenen sind rund 40 Prozent Kinder. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder auf der Flucht nicht in die Schule gehen können, ist laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR fünf Mal höher als im globalen Durchschnitt. Die Hälfte der Flüchtlingskinder hat in den Aufnahmeländern keinen Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen.  

Gender-Gap: Wo Mädchen benachteiligt sind  

In den vergangenen Jahrzehnten wurden große Fortschritte gemacht, dennoch gibt es nicht in allen Ländern Chancengleichheit. Weltweit sind auch bei den jungen Menschen (15 bis 24 Jahre) die Mehrheit der Analphabet:innen Frauen. Besonders stark ist die Ungleichheit nach Afghanistan in extrem armen Ländern Subsahara-Afrikas wie Süd-Sudan, Niger, Tschad, Guinea oder Mali. Die Covid-Pandemie hat die Bildungskrise verschärft, weil Mädchen in die Kinderarbeit und Kinderehe gezwungen und damit ihre Bildungschancen langfristig zunichte gemacht wurden. Ein Indikator für Chancengerechtigkeit ist die Verfügbarkeit von getrennten Toiletten, denn fehlende Menstruationshygiene und Stigmatisierung führen bei vielen Mädchen zum Fernbleiben von der Schule. In Zentral- und Südasien haben mehr als 20 Prozent der Grundschulen keine getrennten Toiletten, in Mali sind es 83 Prozent. Der statistisch positive Zusammenhang zwischen Alphabetisierungsrate und dem Benützen moderner Verhütungsmittel zeigt einmal mehr: Empowerment von Mädchen ist nur mit Bildung möglich, Selbstbestimmung braucht Bildung. 

Digital divide überwinden: Nazia aus Indien nimmt an unserem Computerkurs teil, um digitale Kompetenzen zu erwerben. Foto: Lydia Mantler

Technologie in der Bildung: Digital divide 

Neue Technologien könnten neue Chancen in der Bildung bedeuten. Dennoch werden auch hier viele ausgeschlossen. Weltweit sind nur 40 Prozent der Grundschulen und die Hälfte der Schulen der unteren Sekundarstufe mit dem Internet verbunden. In ärmeren Ländern deutlich weniger. So haben in Subsahara-Afrika überhaupt nur 30 Prozent der Grundschulen einen Stromanschluss. Frauen haben weniger Zugang zu digitalen Medien. Im Jahr 2023 hatten zwar 81 Prozent der Männer, aber nur 75 Prozent der Frauen ein Smartphone. Weltweit gibt es 244 Millionen weniger Frauen als Männer, die das Internet nutzen.  

Die Folgen der Bildungsarmut 

Bildungsarmut gehört zum Kreislauf der Armut: Mangelnde Bildung führt zu Kinderarbeit, zu Frühschwangerschaften und Kinderehe, sie verstärkt Jugendarbeitslosigkeit, Gewalt und Hunger und damit auch das Potential für gewaltsame Konflikte, Krieg und Vertreibung. Bildungsarmut verstärkt Armut und behindert eine nachhaltige Entwicklung. Deswegen ist Bildung auch eines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen, die bis 2030 eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer ökologischer Ebene sichern sollen.  

SDG 4: Hochwertige Bildung für alle bis 2030? 

Im SDG 4 wurde 2015 von allen UN-Mitgliedstaaten das Ziel inklusiver, gleichberechtigter, hochwertiger Bildung für alle formuliert. Bis 2030 sollen demnach alle Mädchen und Jungen frühkindliche Erziehung, Betreuung und Vorschulbildung sowie hochwertige Grund- und Sekundarbildung erhalten. Die UNESCO kritisiert, dass die Fortschritte seit 2015 viel zu langsam gingen, dass Bildung in vielen Bereichen stagniere. So ist die Alphabetisierungsrate Erwachsener von 85,6 Prozent auf nur 87 Prozent gestiegen, die Schulabschlussquote in der Grundschule von 85 auf 88 Prozent, in der oberen Sekundarstufe von 53 auf 59 Prozent, die Vorschulbildung stagnierte. Um die Bildungsziele bis 2030 zu erreichen, müssten die jährlichen Fortschritte beim Grundschulbereich fast verdreifacht werden. 

 

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