"Wenn die Jugendlichen glücklich sind, geht es mir auch gut!"

Karen Gochez ist Jugendbetreuerin der SOS-Kinderdörfer in Guatemala. Sie unterstützt Jugendliche in San Cristobal. Im Interview erzählt sie von den Herausforderungen für die jungen Menschen.

Frau Gochez, was brauchen junge Menschen, um auf eigenen Füßen stehen zu können?

Sie müssen in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen und ihr Leben selbst zu gestalten. Manche haben Angst, ihre Meinung zu sagen, und trauen sich nicht, für sich einzustehen. Dann ist es besonders wichtig, mitzufühlen und ihnen Mut zu machen.

Wie helfen Sie ihnen dabei?

Sobald wir Kinder in unsere Programme aufnehmen, unterstützen wir sie dabei, als Persönlichkeit zu reifen und sich die nötige Bildung anzueignen. Später, in der Übergangsphase zum Erwachsenwerden, fördern wir die jungen Menschen mit verschiedenen Aktivitäten und helfen ihnen, Ängste zu überwinden und Pläne zu entwickeln. Wir ermutigen sie, sich in die Gemeinschaft einzubringen. In Guatemala gehören etwa die Hälfte der Einwohner indigenen Völkern an.

Unterstützen Sie diese Kinder besonders?

Viele Kinder in unseren Programmen sind indigener Abstammung, in ihren Gemeinden sind Not und Armut besonders groß. Wir ermutigen sie, ihre Bräuche fortzuführen, und versuchen, ihren Blick auf den Reichtum ihrer Kultur zu legen, denn oft sehen sie ihre Herkunft als Hindernis.

Gibt es auch SOS-Mitarbeiter*innen in San Cristobal, die indigener Herkunft sind?

Etwa die Hälfte unserer Mitarbeiter*innen ist indigen. Sie kennen nicht nur die Traditionen und Besonderheiten, sondern auch die Schwierigkeiten, mit denen die Kinder zu tun haben. Wir Mitarbeiter*innen kommen sehr gut miteinander klar, auch das hat  Vorbildcharakter.

Mit welchen besonderen  Herausforderungen haben junge Indigene zu tun?

Häufig werden sie gesellschaftlich benachteiligt. Sie werden abgehängt, haben erschwerten Zugang zu Bildung und bekommen schlechtere Jobs. Wir geben alles dafür, dass sie sich selbst als Akteure ihres Lebens begreifen.
Welche Hilfe bekommen die jungen Menschen für ihre berufliche Weiterentwicklung?
Die Jugendlichen sind ein ganzes Jahr lang in einem Berufsorientierungs-Prozess: In Kooperation mit dem Arbeitsministerium geben wir ihnen Einblicke in die verschiedenen Berufsbilder, sie absolvieren Praktika. Wir ermutigen sie, aber zeichnen auch ein realistisches Bild von ihren Chancen. Glücklicherweise finden die Allermeisten einen Job.

Wie sehen Sie Ihre eigene Rolle bei der Begleitung der Jugendlichen?

Mein Wunsch ist es, ihnen eine positive Lebenseinstellung mitzugeben. Meist gelingt das: In den acht Jahren, in denen ich hier bin, habe ich viele junge Menschen einen erfolgreichen Weg gehen sehen. Sie sind zu verantwortungsvollen Mitgliedern der Gesellschaft herangereift. Dafür bin ich sehr dankbar! Zu vielen halte ich noch Kontakt. Ich sage ihnen: Unsere Beziehungen halten für immer und die Liebe bleibt auch, wenn wir räumlich getrennt sind.

Und was ist für Sie persönlich die größte Herausforderung?

Mir geht es immer dann gut, wenn die Jugendlichen erfolgreich und glücklich sind. Wenn es allerdings mal nicht so gut für sie läuft, dann ist das auch für mich schwer auszuhalten. Aber zum Heranwachsen gehört es nun mal dazu, sich auszuprobieren und Fehler zu machen – und wieder aufzustehen. In solchen Situationen muss ich einfach darauf vertrauen, dass es uns gelungen ist, den jungen Menschen die nötige innere Stärke mitzugeben.

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