Bauarbeiten am ersten SOS-Kinderdorf in Imst. Foto: SOS-Archiv

Geschichte der SOS-Kinderdörfer

Von Imst bis zur weltweiten Kinderrechtsorganisation

Von der Gründung des ersten SOS-Kinderdorfes im österreichischen Imst zu einer Kinderrechtsorganisation, die in über 130 Ländern tätig ist: Hier erfahren Sie mehr über die bewegte Geschichte der SOS-Kinderdörfer und ihre weltweite Arbeit für Kinder in Not.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben unzählige Kinder elternlos zurück. Mädchen und Jungen, die niemanden mehr hatten, wurden in großen Waisenhäusern untergebracht. Angesichts der Not der Kriegswaisen und der Missstände in den damaligen Heimen wurde im Tirol der Nachkriegszeit ein Kreis engagierter junger Männer und Frauen aktiv: Hermann Gmeiner, Maria Hofer, Josef Jestl, Ludwig Kögel, Herbert Pfanner und Hedwig Weingartner. 

Gemeinsam beschlossen sie, etwas zu verändern, und gründeten 1949 die Societas Socialis – kurz SOS – in Innsbruck, Österreich, die sich im Folgejahr in ihren heutigen Namen 'SOS-Kinderdorf' umbenennt. Unter der Leitung der Gründer:innen leisteten die Organisation und ihre vielen Freiwilligen Pionierarbeit für ein innovatives neues Modell der alternativen Betreuung. Kinder sollten die Möglichkeit bekommen, in verlässlichen, familienähnlichen Beziehungen aufzuwachsen, in denen sie Sicherheit und Zugehörigkeit finden. 

Hermann Gmeiner und weitere Gründer:innen der SOS-Kinderdörfer. Foto: SOS-Kinderdorf Archiv

Pioniere der alternativen Kinderbetreuung

Nach der Gründung der Organisation entsteht das erste SOS-Kinderdorf in Imst, Österreich. Das erste Haus nennen Hermann Gmeiner und seine Mitstreiter:innen "Haus Frieden". 

Sie verwirklichten eine einfache, aber damals bahnbrechende Idee: Jedes Kind braucht eine Mutter und wächst mit Geschwistern in einem eigenen Haus innerhalb einer Dorf-Gemeinschaft auf. Dieser familienpädagogische Ansatz machte die SOS-Kinderdörfer zu Vorreitern der alternativen Kinderbetreuung. 

Eine Idee entwickelt sich weiter

Jedem Kind ein liebevolles Zuhause – diese Vision findet schnell breite Unterstützung. Die SOS-Kinderdörfer werden in immer mehr Ländern und schließlich auf allen Erdteilen aktiv.

Dabei entwickeln sich die Unterstützungsangebote für Kinder und Familien weiter: Einheimische Mitarbeitende richten die Programme auf den lokalen Bedarf aus, integrieren sie in die Gemeinden vor Ort und in verschiedene Kulturen. 

  • Kindergärten und Schulen, die auch den Kindern aus der Umgebung offen stehen, ergänzen fehlende Bildungsangebote. Für Jugendliche entstehen eigene Wohngruppen und breite Angebote zur beruflichen Bildung, um sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten.  
  • Vor allem in afrikanischen Ländern bieten Krankenstationen und Mutter-Kind-Kliniken der SOS-Kinderdörfer eine medizinische Grundversorgung, die oftmals lebensrettend ist.  
  • In Krisen- und Katastrophengebieten leisten die SOS-Kinderdörfer schnell und effizient humanitäre Hilfe: Ausgehend von den Programmen vor Ort stehen unsere Mitarbeitenden Kindern und Familien in akuter Not bei und ermöglichen ihnen einen Neuanfang.  
  • Mit der Familienhilfe und ihren breit gefächerten Beratungs- und Unterstützungsangeboten stärken die SOS-Kinderdörfer Familien, die vom Zerbrechen bedroht sind – damit Kinder in ihrer leiblichen Familie aufwachsen können. 
  • Grundlage unserer Arbeit ist die UN-Kinderrechtskonvention. Lokal aber auch auf politischer Ebene setzen sich die SOS-Kinderdörfer für die Rechte von Kindern ein. Gemeinsam mit Partner:innen unterstützen wir heute auch das Erreichen der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen und stärken ganze Gemeinden, um aus eigener Kraft Kindern eine bessere Zukunft zu geben. 
Aufwachsen in der Geborgenheit einer Familie und stabile Bindung, dafür setzen sich die SOS-Kinderdörfer ein. Foto: Lydia Mantler

Schlaglichter aus der Geschichte der SOS‑Kinderdörfer

1949: Hermann Gmeiner und seine Mitstreiter:innen gründen den österreichischen SOS-Kinderdorf-Verein und beginnen den Bau des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst, Österreich.

1955: Gründung der SOS-Kinderdorf-Vereine in Frankreich, Deutschland und Italien.

1960: Es sind in Europa bereits zehn SOS-Kinderdörfer mit rund hundert Familien entstanden. Möglich gemacht haben das etwa eine Million Freunde, welche die Organisation mit regelmäßigen Spenden unterstützen.
Gründung von SOS-Kinderdorf International als Dachverband für alle SOS-Kinderdorf-Vereine. Auch in Finnland, Belgien und Luxemburg sind bereits SOS-Kinderdorf-Vereine aktiv.

1963: Mit den Spenden aus der so genannten "Reiskorn-Aktion" kann das erste SOS-Kinderdorf außerhalb Europas in Daegu, Südkorea, gebaut werden. Auch in Indien entstehen erste Projekte und die SOS-Arbeit fasst auch in Asien Fuß. Zur Förderung der weltweiten SOS-Kinderdörfer wird in Deutschland der Verein SOS-Kinderdörfer weltweit, Hermann-Gmeiner-Fonds Deutschland e.V. gegründet.

Historische Aufnahme von Müttern und KIndern aus einem SOS-Kinderdorf in Indien. Foto: SOS-Kinderdorf Archiv

1969: Mittlerweile sind auch in Lateinamerika in Argentinien, Ecuador und Uruguay erste SOS-Kinderdörfer entstanden. Ende der 60er Jahre wird das zu dieser Zeit größte SOS-Kinderdorf in Go Vap, Vietnam, errichtet. 

1971: Côte d'Ivoire wird als erstes afrikanisches Land Mitglied der weltweiten Familie der SOS-Kinderdörfer. Schnell folgen weitere Gründungen in Ghana, Kenia und Sierra Leone, auch in Äthiopien wird geplant.

1979: Im Internationalen Jahr des Kindes werden weltweit dreißig neue SOS-Kinderdörfer eröffnet. Ende der 70er Jahre sind wir bereits an 143  Standorten in 60 Ländern vertreten.

1986: Hermann Gemeiner stirbt am 26. April.

1988: In Folge des Erdbebens in Armenien werden dort erste SOS-KInderdorf-Familien gebildet.

1991: Erste Einrichtungen entstehen in Ländern der ehemaligen Sowjetunion z.B. in Usbekistan und Kasachstan. Auch in Bulgarien, Rumänien und Polen starten neue Projekte.

1995: Die SOS-Kinderdörfer werden Mitglied der UNO.

1999: Zum 50. Jubiläum der Organisation gibt es bereits 400 SOS-Kinderdörfer, 375 angeschlossene Jugendeinrichtungen und rund 750 weitere soziale Programme.

2000/2001: Die Zahl der Projekte wächst weiter mit neuen SOS-Kinderdörfern in Mazedonien, Kambodscha, im Kosovo oder in den palästinensischen Gebieten. In Gode, Äthiopien unterstützt ein Nothilfe-Programm von Dürre und Hunger betroffene Familien.

2002: Die SOS-Kinderdörfer erhalten die weltweit anerkannte humanitäre Auszeichnung "Conrad N. Hilton Humanitarian Prize" für außergewöhnliche Leistungen zur Linderung menschlichen Leidens. Zwei große Nothilfeprogramme werden für afghanische Flüchtlinge in Pakistan und für ehemalige Kindersoldaten im nördlichen Uganda gestartet.

2003: erweitern die SOS-Kinderdörfer ihre Programme zur Stärkung bedürftiger Familien, insbesondere auch ihre Hilfe für Familien, die von Aids betroffen sind. Die Zusammenarbeit mit UN-Organisationen und weiteren Hilfsorganisationen wird intensiviert. Im liberianischen Bürgerkrieg suchen bis zu 8.000 Flüchtlinge wochenlang Schutz und Hilfe im SOS-Kinderdorf Monrovia.

2004: Nach der Tsunami-Katastrophe starten die SOS-Kinderdörfer in Indien, Indonesien, Sri Lanka und Thailand ihr bisher größtes Nothilfe- und Wiederaufbauprogramm, das über mehrere Jahre läuft.

Nach dem Tsunami 2004 bauten die SOS-Kinderdörfer Wohnhäuser für Familien in Indonesien, Thailand, Indien und Sri Lanka. Foto: SOS-Kinderdörfer

2007: Die SOS-Kinderdörfer stellen in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen die "Quality4Children-Standards für die Fremdunterbringung von Kindern in Europa" im Europäischen Parlament vor.

2010: Nach dem Erdbeben in Haiti beginnen die SOS-Kinderdörfer mit einem Soforthilfeprogramm für Familien – ein umfangreiches Wiederaufbauprogramm für die nächsten Jahre wird angeschoben.

2013: Der Tropensturm "Haiyan" verursacht auf den Philippinen gewaltige Zerstörungen. Die SOS-Kinderdörfer versorgen mit einem Nothilfeprogramm obdachlos gewordene Menschen und beteiligen sich am Wiederaufbau.

2014: Ebola fordert in Westafrika ca. 10.000 Tote. Die SOS-Kinderdörfer nehmen Kinder auf, die durch die Krankheit zu Waisen wurden.

2015: Während der Bürgerkrieg in Syrien tobt, flüchten immer mehr Menschen nach Europa. Die SOS-Kinderdörfer leisten entlang der Balkanroute humanitäre Hilfe für geflüchtete Kinder und Familien. Gleichzeitig setzen wir unsere Hilfe direkt im Bürgerkriegsland fort. 

2016: Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal: Mit Kinderschutz-Zentren, dem Wiederaufbau von Schulen und Starthilfen für Familien erreichen die SOS-Kinderdörfer 15.000 Kinder und deren Angehörige.

2019: Gemeinsam mit der unabhängigen Unternehmensberatung Boston Consulting Group wurden die Programme der SOS-Kinderdörfer auf ihre langfristige Wirksamkeit untersucht. Das Ergebnis unserer ersten Wirksamkeitsstudie: Für jeden gespendeten Euro schaffen wir in den Gemeinden vor Ort einen sozialen Mehrwert von 5 Euro. In den untersuchten afrikanischen Ländern sind es sogar 14 Euro. Denn Bildung und Hilfe zur Selbsthilfe sind im Kampf gegen extreme Armut besonders wirksam. 

2020: Die Corona-Krise lähmt die Welt und verschärft die globale Ungleichheit. Die SOS-Kinderdörfer klären über die Krankheit auf, ermöglichen Kindern den Zugang zu Online-Unterricht und unterstützen Familien durch Hilfe zur Selbsthilfe. 

Während der Corona-Krise unterstützen die SOS-Kinderdörfer weltweit Familien, die in der Pandemie ihre Lebensgrundlage verloren haben und ermöglichen Kindern den Zugang zu Bildungsangeboten. Foto: Alea Horst

2021: Zur Stärkung des Kinderschutzes in den weltweiten Programmen der SOS-Kinderdörfer werden ein Aktionsplan aufgestellt und umfassende Maßnahmen in Angriff genommen. 

2022: Krieg in der Ukraine: Die SOS-Kinderdörfer ermöglichen durch schnelles Handeln die Evakuierung der betreuten Kinder und Pflegefamilien. Im Land selbst entstehen in Kooperation mit lokalen Organisationen unzählige Unterstützungsprogramme für Kinder und Familien in Not. Unsere ukrainischen Mitarbeitenden leisten weiter dringend benötigte Hilfe – bis heute.

2023: Eskalation in Nahost: Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien sowohl in Israel als auch in Palästina. Aufgrund der langjährigen Erfahrung in beiden Ländern können die SOS-Kinderdörfer ihre Arbeit fortsetzen.
Um für Kinder auf der Flucht einzutreten und sie zu schützen, engagieren sich die SOS-Kinderdörfer als Partner der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Humanity, die mit ihrem Schiff im zentralen Mittelmeer aktiv ist.

2024: Auch im 75. Jahr ihres Bestehens leisten die SOS-Kinderdörfer weltweit Hilfe und erreichen rund 3 Millionen Menschen. Die Arbeit in den Krisenregionen der Welt steht dabei besonders im Fokus.

Diese Erfolge und die weltweite Arbeit der SOS-Kinderdörfer sind nur dank des Engagements und der Arbeit der Mitarbeiter:innen in den Projekten sowie mit der Hilfe zahlreicher Spender:innen, Pat:innen, Kooperationsparter:innen und breiter Unterstützung möglich. Dafür sagen wir DANKE!

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