PROJEKT

Corona in Afrika

Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie werden erst langsam deutlich – und sie sind vor allem für die ärmsten Länder des Kontinents verheerend.

Die Pandemie verschärft Armut und Hunger

Die weltweite Armut hat durch Corona zugenommen. Im neuesten Bericht der Weltbank (2022) markiert der Ausbruch der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 einen „Wendepunkt in der 30-jährigen Geschichte der Armutsbekämpfung.“ Demnach erholen sich gerade die ärmsten Länder der Welt, zu denen auch viele Länder Subsahara-Afrikas zählen, von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders schlecht. Auch der aktuelle Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen UNDP in Kooperation mit einer Forschungsgruppe der Oxford Universität zeigt: Die mehrdimensionale Armut steigt seit Beginn der Pandemie wieder an. Covid-19, Lockdowns und Schulschließungen haben langfristige Folgen für die Entwicklung in Subsahara-Afrika. Die Prognosen werden weiter nach unten korrigiert. „Während im Jahr 2020 noch davon ausgegangen wurde, dass die Pandemie errungene Erfolge der Armutsbekämpfung um 3 bis 10 Jahre zurückwirft, zeigt sich nun, dass der tatsächliche Rückschritt im hinteren Spektrum der Prognose eingeordnet sein wird“, heißt es in dem Bericht. Auch Hunger – direkte Folge der Armut – ist seit Beginn der Pandemie wieder auf dem Vormarsch. 

 

Corona in Afrika

Not, Hunger und Armut: Die Corona-Krise trifft Kinder und Familien in Afrika besonders hart. Jede Spende hilft.

 

In Afrika verschärft die Corona-Pandemie Armut und Hunger - Kinder und Familien leiden darunter besonders. Foto: Bjoern-Owe Holmberg

Corona-Situation in Afrika: Verbreitung und Sterblichkeit

 

Unzureichende Daten über die Verbreitung des Coronavirus in Afrika haben in den vergangenen zwei Jahren immer wieder zu Spekulationen geführt. Die These, dass die afrikanische Bevölkerung, die im Vergleich zu Europa ja sehr jung ist, von Covid wenig betroffen gewesen sei, lässt sich so nicht halten. Expert:innen gehen von einer extrem hohen Dunkelziffer aus. Neuere Studien, die internationale Forscherteams zum Beispiel in Sambia, aber auch in Simbabwe, Somalia und Äthiopien machten, legen nahe, dass sowohl die Zahl der Infizierten, als auch die Zahl der Toten um ein vielfaches höher ist, als offizielle Zahlen sagen. Grund dafür sind sowohl die extrem geringe Anzahl von Testungen, als auch die Gesundheitsversorgung: Der Anteil von Menschen, die gar nicht zum Arzt gingen und in keiner Klinik behandelt werden konnten, ist gerade in den ärmsten Gegenden besonders hoch.

Corona-Impfgerechtigkeit

Die globale Impfgerechtigkeit ist ein weiterer Punkt: Bei Covid-19-Impfungen liegt der afrikanische Kontinent weit zurück. Insgesamt hatten bis zum 16. Oktober 2022 nur 24 % der Bevölkerung ihre Erstimpfungsserie abgeschlossen, so die WHO. Zum Vergleich: Weltweit sind es 64 %.

Wirtschaftliche Folgen von Corona: Hohe Verschuldung, geringe Investitionen

Nach Schätzungen der Weltbank, die im Oktober 2022 veröffentlicht wurden, sind binnen eines Jahres rund 70 Millionen Menschen weltweit in extreme Armut gefallen, 40 Millionen davon in Afrika. Der Weltbank-Bericht zeigt auch, dass die ärmsten 40 Prozent der Weltbevölkerung während der Pandemie die stärksten Einkommensverluste hinnehmen mussten – auch hier ist Subsahara-Afrika besonders betroffen. Auf dem Kontinent arbeiten über 85 Prozent der Menschen im informellen Sektor, z. B. als Tagelöhner, Straßenhändler oder Haushaltshilfe. Die Pandemie und daraus folgende Lockdowns nahmen unzähligen Menschen von einem Tag auf den anderen die Einkommen. Touristenströme sowie Investitionen versiegten. Die ohnehin langsame Erholung von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wurden dann durch den Ukraine-Krieg und die Inflation zunichte gemacht. In der Pandemie legten auch afrikanische Regierungen Hilfspakete auf und verschuldeten sich dafür höher. Durch die gestiegenen Zinsen und die Aufwertung des Dollar ist die Rückzahlung der Kredite extrem teuer. Laut IWF sind 23 Staaten in Afrika im Verschuldungsnotstand oder nahe daran, darunter Malawi, Simbabwe, Mosambik, der Tschad oder Ghana. Nahrungsmittelknappheit und Energiepreise heizen die Krise weiter an.

Temperaturcheck, Maske, Schutzkleidung: Die Mutter-Kind-Klinik der SOS-Kinderdörfer in Mogadischu, Somalia, hat strenge Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt. So ist auch während der Corona-Pandemie sichergestellt, dass unsere Ärtz:innen und Krankenpfleger:innen ihre lebensrettende Arbeit fortsetzen können. Foto: Mohamed Abdihakim

Gesundheitliche Folgen: Hunger und Krankheiten

Die Überlastung der Gesundheitssysteme, Lockdown und Schulschließungen haben für die Menschen langfristige gesundheitliche Folgen. So fielen zum Beispiel während der Pandemie Vorsorgeuntersuchungen und Regelimpfungen aus, auch HIV-Prävention, Aufklärungskampagnen und Malaria-Programme waren beeinträchtigt. Laut Unicef erhielten im Jahr 2020 weltweit 23 Millionen Kinder keine Regelimpfungen gegen Krankheiten wie Masern oder Polio, zu den zehn Ländern, in denen die meisten Impfungen ausfielen gehören Angola, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien und Nigeria. Auch stieg die Zahl der Malaria-Opfer im Jahr 2021 deutlich an. 96 Prozent der Todesfälle ereigneten sich demnach in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, rund 80 Prozent der Opfer sind Kinder unter fünf Jahren.

Schulschließungen hatten außerdem direkten Einfluss auf die Ernährung von Kindern. „Für die allermeisten Schüler aus armen Familien ist die Schulspeisung die einzige Mahlzeit des Tages“, sagt Loretta Mkhonta, Leiterin der SOS-Kinderdörfer in Eswatini. „Kein Unterricht bedeutet hier für viele Eltern, dass ihre Kinder hungern", sagt auch Patrick Kulati, Leiter der SOS-Kinderdörfer in benachbarten Südafrika. Dass Millionen Eltern gleichzeitigt ihre Jobs verloren, macht die Lage noch dramatischer. Mangelernährung ist die Folge. Immer mehr Kinder sind derzeit auch ganz konkret vom Hungertod bedroht, nicht nur als Folge der Pandemie, sie gilt aber als Beschleuniger des Hungers.

Die Kinder tragen alle Masken, ein Stuhl bleibt frei, der Mindestabstand ist 1,50 Meter: Als die Schulen in Ghana schließen mussten, organisierten die SOS-Kinderdörfer  Unterricht in Kirchen, damit die Kinder weiter lernen konnten.  Foto: Alea Horst

Bildungskrise, Kinderarbeit, Kinderehen

Auch in vielen afrikanischen Ländern waren die Schulen über viele Monate geschlossen - am längsten in Uganda, dort war 83 Wochen zu. Laut Unicef konnten 2020 aber weltweit rund ein Drittel der Schüler nicht am Fernunterricht teilnehmen, weil die technischen Möglichkeiten nicht gegeben waren. Dazu kommt: Da vielen Familien in der Pandemie die Existenzgrundlage entzogen wurde, müssen Kinder helfen, ihre Familie über die Runden zu bringen. Die Vereinten Nationen befürchten, dass Kinderarbeit in Folge der Pandemie noch weiter anstiegen wird. In Subsahara-Afrika arbeiten derzeit schon fast ein Viertel der 5- bis 17-Jährigen. Experten befürchten, dass viele, besonders Mädchen, nicht die Schule zurückkehren werden. "Viele junge Mädchen sind inzwischen von ihren Familien verheiratet worden oder sie sind schwanger, andere Kinder waren gezwungen arbeiten zu gehen, um ihre Familien zu unterstützen", berichtet zum Beispiel Lilian Ssengooba, Verantwortliche für Programmentwicklung der SOS-Kinderdörfer in Uganda. Unicef prognostiziert als Folge von Corona bis 2030 zusätzlich 10 Millionen Kinderehen und befürchtet angesichts der Bildungskrise eine "lost Covid generation".

 

Corona-Krise in Afrika

Die SOS-Kinderdörfer lassen Afrikas Kinder nicht im Stich. Bitte helfen Sie mit. Jede Spende hilft.

 

Kampf gegen Corona in Afrika: So helfen die SOS-Kinderdörfer

Die SOS-Kinderdörfer in Afrika kämpfen gegen die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Als sich das Virus 2020 weltweit verbreitete, haben wir umgehend gehandelt, um Kinder, Familien und Mitarbeitende zu schützen. Doch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie haben viele Länder auf dem afrikanischen Kontinent im Kampf gegen Armut und Hunger um Jahre zurückgeworfen und wirken lange fort. Wir lassen Kinder und Familien nicht im Stich - so helfen die SOS-Kinderdörfer in Afrika:

Um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, setzen wir weiter auf Aufklärung und Prävention. Unsere Mitarbeiter:innen informieren Kinder, Familien und Gemeinden, wie sie sich vor Infektionen schützen können, z.B. durch Händewaschen und sozialen Abstand. Familien werden zudem mit Hygieneartikeln und Reinigungsmitteln versorgt.

Medizinische Zentren der SOS-Kinderdörfer bieten Kinder und Familien eine medizinische Grundversorgung und stärken die lokale Gesundheitssysteme. Unsere Mitarbeitenden wurden geschult, um Corona-Infektionen mit Labortests nachweisen zu können. Als Vorreiter wurden die SOS-Kinderdörfer z. B. beim Start der Covid-19-Impfungen in Somalia aktiv.

Die Einkommen vieler Familien brechen weg, Nahrungsmittelpreise steigen, Kinder hungern.  Immer mehr Familien benötigen aufgrund der wirtschaftlichen Krise Unterstützung, um ihre Kinder zu versorgen. Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Familien, die akut vom Zerbrechen bedroht sind, als erstes durch Lebensmittel. Im nächsten Schritt werden Eltern zur Selbsthilfe befähigt: durch Fortbildung oder Mikrokredite für den Aufbau eines Kleingewerbes. So stärken wir Familien, damit sie ihren Kindern aus eigener Kraft eine Perspektive geben können.

Die SOS-Kinderdörfer bauen unsere Betreuungsangebote aus für Kinder, die durch die Corona-Krise ihre Eltern verlieren, z. B. durch die Unterstützung von Pflegefamilien.

Als die Schulen geschlossen waren, organisierten die SOS-Kinderdörfer Online-Unterricht oder gaben Radiogeräte für den Empfang von Schulsendungen aus, um Kindern weiter den Zugang zu Bildung ermöglichen. Angesichts der zunehmenden Armut gilt es nun verstärkt Familien durch Schulgeld und Lernmaterialien zu unterstützen. Steigende Arbeitslosigkeit macht zudem höhere Investitionen in Jugendausbildungs- und Beschäftigungsprogramme notwendig.

Die wachsende Armut führt zu massiven Kinderrechtsverletzungen. Kinder müssen Kinderarbeit leisten, sie sind von Kinderhandel und sexueller Ausbeutung bedroht, Mädchen werden verheiratet. Besonders gefährdet sind elternlose Kinder. Unsere Sozialarbeiter:innen engagieren sich in Gemeinden für den Kinderschutz.

Familien verlieren ihre Existenzgrundlage, Angehörige sterben, Kranke werden stigmatisiert. Familien in Krisensituationen brauchen auch therapeutische Begleitung. Die Psycholog:innen der SOS-Kinderdörfer sind an vielen unserer afrikanischen Standorte oftmals die einzigen vor Ort, die Kindern und Familien hier beistehen können.

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